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Bio-Blog vom 27. November 2012

Bio-Stammtisch

von Christoph Schwarz

Bio-Konsumenten sind glückliche Konsumenten, denn sie kaufen naturnahe und authentische Produkte. Sie sind so zufrieden mit sich, der Welt, der Landwirtschaft und dem Supermarkt, dass sie dazu tendieren, die ganze Runde von ihrer Meinung überzeugen zu wollen. Und dann ist es schnell einmal fertig mit der friedlichen Landruhe...

Zum einen wollen sich viele Bio-Begeisterten partout nicht damit zufrieden geben, einfach nur Bio zu konsumieren und fertig, sondern sie nehmen plötzlich alles ganz genau unter die Lupe, etwa die verwendeten Lebensmittelzusatzstoffe, oder die Herkunft und Saisonalität von Produkten. Sie recherchieren unter Wikipedia irgendwelche E-Nummern, begutachten auf Bauernhöfen die Ställe und Herden, und verkehren auf Homepages wie "Bio-Suisse" oder "www.blackbrothers.ch". Anschliessend bombardieren sie ihre Umgebung mit einer Fülle an Informationen und Ideologien und verderben damit selbst jenen Leuten gehörig den Appetit, welche der Bio-Produktion nicht grundsätzlich abgeneigt sind. Im paradoxen Extremfall genügen ihnen dann selbst die Bio-Produkte aus dem Supermarkt den Ansprüchen nicht mehr und es ist plötzlich die Rede von "Vegetarismus", "Demeter" oder "Wochenmarkt".

Das nervt und provoziert engagierte Gegenreaktionen. "Chörnlipicker", "Rüebli-Hippies" und "Öko-Fundamentalisten" sind dann noch die harmloseren Begriffe aus dem Vokabular jener, welche sich mutig gegen jegliche Form von aufkeimendem Bio-Dogmatismus wehren. Schliesslich müsse man sich die Grenzen des Bio-Booms bewusst vor Augen halten. Die Erfahrung zeige, dass man es nicht immer allen recht machen könne und dass sich Gewohnheiten und Präferenzen nicht einfach von einem Tag auf den anderen ändern liessen und dass man sich im Übrigen auch nicht bei allem und jedem den Spass an der Freude vergällen lassen dürfe. Und überhaupt, es seien doch die wenigsten Bio-Prediger in der Lage, ihre übersteigerten Ansprüche selbst konsequent umzusetzen. Oder etwa doch?

Klar, das ist jetzt alles ein bisschen überzeichnet. Schliesslich wissen mittlerweile alle Beteiligten, dass Bio ein gewaltiger Fortschritt in der Lebensmittelproduktion darstellt. Ein Fortschritt welcher die Welt aber noch lange nicht rettet. Wo also liegt die goldene Mitte? Bio schafft einen qualitativen Mehrwert für die Umwelt, die Tiere und die Konsumenten, nicht mehr und nicht weniger. Bio-Produkte besitzen zur Zeit einen Marktanteil von 5,7 Prozent (Quelle: Bio Suisse, 2010). Übersteigerter Missionarismus ist also fehl am Platz. Weder kann das Wachstum des Bio-Marktes zum Mass aller Dinge erhoben werden noch darf es vorschnell als irrelevanter Hype abgetan werden. Für die zukünftige Entwicklung besteht noch enormes Potential.

Es ist halt so: während die Kühe und Hühner auf der Weide ein glückliches und harmonisches Leben führen, fliegen dafür am Stammtisch umso mehr die Fetzen...

K o n t a k t :

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